02.08.2012, 11:39 AM
Mir wurde von allen Seiten erzählt, dass eine selektive Messung jeder einzelnen Streuinduktivität Humbug ist. Meine erste Idee war, den Trafo zu sättigen und so die beiden Kreise zu entkoppeln. Die Simulationen zeigten, dass es hinhauen könnte. Leider kannte die Praxis die Simulationen noch nicht und ich scheiterte.
Daraufhin überlegte ich mir, dass die Streuinduktivitäten doch irgendwas bewirken müssen. Denn wenn sie nichts bewirken würden, so würden wir sie ja auch nicht messen wollen.
Als Messobjekt dient ein RK-Trafo, dessen 230V-Wicklung unbeschaltet bleibt. Ich messe von 12V auf 12V, also ein 1:1-Trafo. Dieser ist nach dem Resonanzverfahren nicht messbar, weil kein Dip sichtbar ist.
Ich erinnerte mich, dass in Spice mit einem Koppelfakor ausgestattete Trafos stets zum "Klingeln" (Überschwinger) neigen, was besonders bei Rechteckspeisungen auftritt. Dieses "Klingeln" ist also direkt mit den Streuinduktivitäten in Verbindung stehend.
Zu meinem Entzücken zeigte auch die Realität diesen Effekt! Oben die Speisespannung an der Primärseite. Unten die mit dem Oszi abgegriffene Spannung an der Sekundärseite:
---
Da ich sekundärseitig nur mit dem hochohmigen Oszi abtaste, ist der Sekundärkreis praktisch stromfrei. Wenn dort aber kein Strom fließt, so sollte Rs_sek auch belanglos sein. Zur Kontrolle dieser Vermutung habe ich in Reihe mit den sekundären Anschlussklemmen eine kapazitätsarme 330uH-Induktivität geschaltet:
Wie erhofft, zeigt sich keine Änderung des Klingelns.
---
Auf der Primärseite sieht das ganz anders aus. Da ich primärseitig mit einem niederohmigen Generator (Ri=0) Impulse einspeise, bildet sich primär ein geschlossener Schwingkreis. Er besteht aus Spulen, parasitären Kapazitäten, Wicklungswiderständen und Verlustwiderständen (die dafür verantwortlich sind, dass es sich um ein gedämpftes "Klingeln" handelt). Sobald ich dort meine 330uH einschleife, verändert sich das Bild dramatisch:
---
Kann man aus dem Klingeln auf Rs_prim zurückrechnen? Die Oszi-Messungen zeigen folgende Periodendauern:
- unbekannte Ls_prim: 0.8 cm * 10 us/cm = 8us
- unbekannte Ls_prim + 330uH: 2.6 cm * 10us/cm = 26us
Aus der Resonanzformel kann man ableiten, dass L proportional zum Quadrat der Periodendauer ist.
Also ergibt sich: L1 / (L1 + L2) = t1² / t2²
L1 ist die unbekannte Ls_prim
L2 ist 330uH
t1 ist 8 us
t2 ist 26us
Netterweise hat Volti mir die Formel nach L1 aufgelöst:
L1 = (L2 * t1² / t2²) / (1 - t1² / t2²)
was also 34,6 uH ergibt.
Ohne Formelumstellungshilfe hatte ich vorab 30 uH geschätzt und die Dämpfungswiderstände und parasitären Kondensatoren der Realität angepasst und erhielt folgende Simulation (Bezeichner "L1"-"L4" haben nichts mit Voltis Formel zu tun!)...
die sich bestens mit der Realität deckt. Nach Einsetzung der errechneten 34.6uH sogar noch besser.
Die von mir willkürlich eingesetzten parasitären Kondensatoren verfälschen nichts am Modell (sie sind sehr groß, was ich auf den rumbaumelnden 230V-Kreis mit seinen eigenen großen Kapazitäten zurückführe), weil es nur um das Verhältnis der Periodendauer relativ zur Induktivität geht. Kondensatoren können an diesem Verhältnis prinzipiell nichts ändern. Die können nur die Frequenz verschieben.
Es müssen 8us vs. 26us rauskommen, wenn ich die 330uH primär einschleife. Genau das passiert, wenn ich Rs-prim auf 34,6 uH festlege.
--------
Als Nebeneffekt erhält man aus der beschriebenen "Klingel"-Analyse auch gleich noch die Dämpfungswiderstände, die das Modell noch weiter vervollständigen
Daraufhin überlegte ich mir, dass die Streuinduktivitäten doch irgendwas bewirken müssen. Denn wenn sie nichts bewirken würden, so würden wir sie ja auch nicht messen wollen.
Als Messobjekt dient ein RK-Trafo, dessen 230V-Wicklung unbeschaltet bleibt. Ich messe von 12V auf 12V, also ein 1:1-Trafo. Dieser ist nach dem Resonanzverfahren nicht messbar, weil kein Dip sichtbar ist.
Ich erinnerte mich, dass in Spice mit einem Koppelfakor ausgestattete Trafos stets zum "Klingeln" (Überschwinger) neigen, was besonders bei Rechteckspeisungen auftritt. Dieses "Klingeln" ist also direkt mit den Streuinduktivitäten in Verbindung stehend.
Zu meinem Entzücken zeigte auch die Realität diesen Effekt! Oben die Speisespannung an der Primärseite. Unten die mit dem Oszi abgegriffene Spannung an der Sekundärseite:
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Da ich sekundärseitig nur mit dem hochohmigen Oszi abtaste, ist der Sekundärkreis praktisch stromfrei. Wenn dort aber kein Strom fließt, so sollte Rs_sek auch belanglos sein. Zur Kontrolle dieser Vermutung habe ich in Reihe mit den sekundären Anschlussklemmen eine kapazitätsarme 330uH-Induktivität geschaltet:
Wie erhofft, zeigt sich keine Änderung des Klingelns.
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Auf der Primärseite sieht das ganz anders aus. Da ich primärseitig mit einem niederohmigen Generator (Ri=0) Impulse einspeise, bildet sich primär ein geschlossener Schwingkreis. Er besteht aus Spulen, parasitären Kapazitäten, Wicklungswiderständen und Verlustwiderständen (die dafür verantwortlich sind, dass es sich um ein gedämpftes "Klingeln" handelt). Sobald ich dort meine 330uH einschleife, verändert sich das Bild dramatisch:
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Kann man aus dem Klingeln auf Rs_prim zurückrechnen? Die Oszi-Messungen zeigen folgende Periodendauern:
- unbekannte Ls_prim: 0.8 cm * 10 us/cm = 8us
- unbekannte Ls_prim + 330uH: 2.6 cm * 10us/cm = 26us
Aus der Resonanzformel kann man ableiten, dass L proportional zum Quadrat der Periodendauer ist.
Also ergibt sich: L1 / (L1 + L2) = t1² / t2²
L1 ist die unbekannte Ls_prim
L2 ist 330uH
t1 ist 8 us
t2 ist 26us
Netterweise hat Volti mir die Formel nach L1 aufgelöst:
L1 = (L2 * t1² / t2²) / (1 - t1² / t2²)
was also 34,6 uH ergibt.
Ohne Formelumstellungshilfe hatte ich vorab 30 uH geschätzt und die Dämpfungswiderstände und parasitären Kondensatoren der Realität angepasst und erhielt folgende Simulation (Bezeichner "L1"-"L4" haben nichts mit Voltis Formel zu tun!)...
die sich bestens mit der Realität deckt. Nach Einsetzung der errechneten 34.6uH sogar noch besser.
Die von mir willkürlich eingesetzten parasitären Kondensatoren verfälschen nichts am Modell (sie sind sehr groß, was ich auf den rumbaumelnden 230V-Kreis mit seinen eigenen großen Kapazitäten zurückführe), weil es nur um das Verhältnis der Periodendauer relativ zur Induktivität geht. Kondensatoren können an diesem Verhältnis prinzipiell nichts ändern. Die können nur die Frequenz verschieben.
Es müssen 8us vs. 26us rauskommen, wenn ich die 330uH primär einschleife. Genau das passiert, wenn ich Rs-prim auf 34,6 uH festlege.
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Als Nebeneffekt erhält man aus der beschriebenen "Klingel"-Analyse auch gleich noch die Dämpfungswiderstände, die das Modell noch weiter vervollständigen