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Schaltverhalten Halbbrücke/Vollbrücke
#1
Hallo liebe Forengemeinde,

ich habe ein kleines Verständnisproblem zum Thema Halbbrücke/Vollbrücke & das Schalten mit den FETs Wink

Im Anhang befindet sich ein Ausschnitt von einer Vollbrückenschaltung. Folgender Sachverhalt: Bei jedem Einschalten des High-Side-Fets leitet der Low-Side-Fet sehr kurz mit -> Querstrom.

Nun: Woran liegt dieses Verhalten? Ev. an C_ds des Low-Side-Fets? Wie lässt sich das in den Griff kriegen? Ich wäre dankbar, wenn mir das wer villeicht erklären könnte? Kann mir wer das Schaltverhalten genau erklären? Gibt es gute pdfs zum Thema? Literatur?

Und gleich noch ne Frage: Was hat es mit der Millerkapaziät auf sich? Cdg? Warum wirkt diese verstärkt auf das Gate?

Fragen über Fragen.... vielen Dank für eure Mithilfe,

Gruß Christian

[Bild: 1041_picture1.jpg]
[Bild: 1041_picture2.jpg]

P.S. Die Dioden D15 D21 D16 D23 sind kurzgeschlossen und nicht zu berücksichtigen.
 
#2
Das Umschalten der inneren Kapazitätne liefert einen gewissen Beitrag zu Querströmen.
Die Miller-Kapazität ist die Rückwirkungskapazität zwischen drain und gate.
Sie verlangsamt die Anstiegsrate der drain-Spannung des Power-MOSFET beim Ein- oder Ausschalten,
d.h. es ergibt sich eine lineare Rampe wie beim Integrator, wobei der gate-Ansteuerstrom
und die Rückwirkungskapazität die bestimmenden Parameter sind.
Was Du da zeigst, sind IGBTs und keine MOSFETs
Ein entscheidender Unterschied!
Der IGBT-interne Leistungstransistor ist ein PNP-Typ, hat also die von BJTs her bekannten Abschaltverzögerungen, guckst Du mal unter "current tail".
Dies dürfte der wesentliche Beitrag zu Deiner cross-conduction sein.
Und ein Grund, einen weiten Bogen um IGBTs zu machen
überrascht
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#3
Hi Christian,

in Deiner Schaltung hast Du ja schon sehr schön das Einschalten der backdiode durch Deine Diodennetzwerke gemindert. Das ist schon mal gut.

Ich würde einfach R1 und R2 auf 10 Ohm hochsetzen. Damit verzögerst Du das Einschalten etwas, verlängerst also die Totzeit und gibst damit Deinen Diodennetzwerken ne Chance, ihre Aufgabe ordnungsgemäß zu verrichten.

Die Millerkapazität ist einfach die Kapazität zwischen Drain und Gate, die folgenden Effekt bewirkt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Millereffekt
 
#4
Zitat:Original geschrieben von voltwide
Dies dürfte der wesentliche Beitrag zu Deiner cross-conduction sein.
Und ein Grund, einen weiten Bogen um IGBTs zu machen
überrascht

Hups. Darauf hatte ich gar nicht geachtet.
 
#5
nein nein, kein bogen um IGBTs motz

nur halt beachten, was die so können bzw nicht können..

zb haben die keine backdiode ( Gucki... Rolleyes )

ausser die typen mit extra eingebauter backdiode, die dann aber recht flott ist
zb irg4bc20kd -> 40ns backdiode

in deiner schaltung oben...mach den gate r deutlich grösser ! zb 27 r R1 + R2
sonst schaltet der igbt zu schnell ein, was über Cgd des anderen igbt soviel impuls-ladung reinjagt, dass der freundlicherweise auch hallo sagt Wink

ansonsten hat volti natürlich schon recht, abschalten tun die etwas langsamer als mosfet, was aber bei der üblichen anwendung (motoren) nicht stören sollte, sofern genug deadtime vorgesehen ist (stören tut der current-tail, aber das is ein anderes problem...)
noch was: du hast offenbar 100khz takt , das is für igbt viel zu schnell; geh mal auf 20khz oder so runter !
lesen:
http://www.microsemi.com/micnotes/APT0408.pdf
    Don't worry about getting older.  You're still gonna do dump stuff...only slower
 
#6
Vielen Dank für eure Meinungen. Ja da hab ich mit glatt vertan, mit dem Mosfet und dem IGBT... lachend dennnoch eine Frage: Lässt sich das denn überhaupt in den Griff kriegen (diese Querstrompeaks). Offensichtlich kann ja die Berücksichtigung der Deadtime einen Querstrom, bei dem beide Mosfets leiten berücksichtigen. Die am Anfang des Threads beschriebenen Querströme lassen sich dann gar nicht in den Griff kriegen?!? Lebt Ihr mit diesen fiesen Nadeln??

Liebe Grüße, Christian
 
#7
Diese Nadeln sind bis zu einem gewissen Grade immer vorhanden, da ja bei Spannungswechseln die Kapazitäten irgendwie umgeladen werden müssen. Und bei entsprechend schnellem Umschalten können da schon mehrere 10A auftreten, für einige Nanosekunden. Das muß nicht per se destruktiv sein, und, wie gesagt, 100% vermeiden läßt sich das auch nicht.
Ein ganz anderer Schnack ist sogenannte Zwangskommutierung von Dioden, d.h. Dioden Abschalten durch Gegenstrom. Das betrifft z.B. bei Class-D Verstärkern die in den MOSFETs hausenden intrinsischen Dioden, vor allem dann, wenn die Totzeit etwas zu lang ist. Infolge Sperrverzögerung treten zusätzliche Stromspitzen auf, die durchaus destruktiv sein können. Wobei die Gefahr eines Ausfalles mit dem Laststrom zunimmt.
Davon abgesehen bleibt die Frage, wie realitätsnah die spice-Simulation in diesem Punkt ist. Ich habe da so meine Zweifel
misstrau
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#8
Zitat:Original geschrieben von voltwide

Diese Nadeln sind bis zu einem gewissen Grade immer vorhanden, da ja bei Spannungswechseln die Kapazitäten irgendwie umgeladen werden müssen. Und bei entsprechend schnellem Umschalten können da schon mehrere 10A auftreten, für einige Nanosekunden. Das muß nicht per se destruktiv sein, und, wie gesagt, 100% vermeiden läßt sich das auch nicht.
Ein ganz anderer Schnack ist sogenannte Zwangskommutierung von Dioden, d.h. Dioden Abschalten durch Gegenstrom. Das betrifft z.B. bei Class-D Verstärkern die in den MOSFETs hausenden intrinsischen Dioden, vor allem dann, wenn die Totzeit etwas zu lang ist. Infolge Sperrverzögerung treten zusätzliche Stromspitzen auf, die durchaus destruktiv sein können. Wobei die Gefahr eines Ausfalles mit dem Laststrom zunimmt.
Davon abgesehen bleibt die Frage, wie realitätsnah die spice-Simulation in diesem Punkt ist. Ich habe da so meine Zweifel
misstrau

Hallo voltwide,
würden sich die Nadeln mit einem eventuellen langsameren Umschalten reduzieren lassen? Aber dadurch würde wieder die Verlustleistung im Halbleiter größer werden? Annahme: Beim Umschalten (bei der Halbbrücke) fließt ein Querstrom von beispielsweise 30A für wenige ns. Der Halbleiter muss ja bekanntlich in der Lage sein, diesen Strom "zu tragen". Nach welchem Datenblattparameter muss ich da ausschau halten? Peak current?

Deine angesprochene Zwangskommutierung von Dioden habe ich noch nicht ganz verstanden. Wäre dir dankbar, wenn du das villeicht (für mich) etwas genauer erklären könntest.

Vielen Dank!
 
#9
Zitat:Original geschrieben von alfsch
zb haben die keine backdiode ( Gucki... Rolleyes )

Mann. Ich hatte doch geschrieben, dass ich Fets annahm... motz
 
#10
Zur Zwangskommutierung - ein etwas schwierigeres Kapitel. Das Szenario:
Der Verstärker (Halbbrücke) ist kurz vor der Vollaussteuerung.
Betrachte die positive Halbwelle der Audioschwingung.
Die Lautsprecherspannung nähert sich der positiven Betriebsspannung.
Die Halbbrücke verhält sich also wie ein Abwärtswandler ("Buck-Regler")
Das Tastverhältnis stark asymmetrisch, nämlich die meiste Zeit positive Brückenspannung.
Der Strom in der Ausgangsdrossel ist positiv, daraus ergibt sich beim Abschalten der pos Halbwelle der Brücke ("hi-side") dass die Ausgangsspannung aufgrund der Induktionsspannung
mehr oder weniger von selbst in Richtung negative Betriebsspannung springt.
Soweit so gut, kein Problem.
Jetzt liefert die Halbbrücke ein kurzes negatives Signal.
Der jetzt folgende Übergang zum breiten positiven Signal ist das eigentliche Problem:
Der Induktionsstrom in der Ausgangsdrossel ist immer noch positiv, die Induktionsspannung
sperrt sich also gegen eine positive Flanke auf dem Halbbrücken-Ausgang.
Also muß erst einmal die obere Hälfte ("hi-side") durchgeschaltet werden,
um die Spannung in Richtung positiv zu zwingen.
Davor gibt es aber eine kleine Totzeit.
Wenn die zu lang ist, sperrt der lo-side MOSFET und der Induktionsstrom fließt nun durch dessen intrinsische Diode, d.h. der volle Ausgangsstrom fließt durch selbige Diode.
Dieser Diodenstrom muß durch Gegenstrom aus der Hisidde komplett kompensiert werden,
und genau das ist die "Zwangs-Kommutierung".
Aufgrund der in der Diode gespeicherten Ladung ("Sperrverzug", "reverse recovery") gibt es einen deftigen Stromspike. Das erhöht im günstigsten Fall die Umschaltverluste, im schlimmsten Fall fällt der MOSFET aus, weil eben diese Backward-Diode empfindlich auf derartige Stromspitze reagiert. Das ist ein großes Thema, man behilft sich mit Kontrolle der Stromraten, d.h. verlangsamtes Einschalten der MOSFET, hier verweise ich auf den dI/dt-limiter in Form von kleiner Drosseln in den source-Leitungen.



...mit der Lizenz zum Löten!
 
#11
Hallo voltwide,

vielen Dank für deine ausführliche Beschreibung. Weißt zu zufällig, ob es im Netz Unterlagen zu genau diesen Problemen gibt? Oder ist das alles ein Resultat langjähriger Erfahrung im Bereich der Leistungselektronik?!? Confused

Nochmals vielen Dank und einen schönen Tag!

Lg Christian
 
#12
beides! Big Grin
Hab aber eben keine links parat -
passende Suchbegriffe hatte ich schonmal in "" angegeben
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#13
guck auch mal hier..
http://www.d-amp.org/include.php?path=fo...readid=318
http://www.d-amp.org/include.php?path=fo...readid=309

evtl..
http://www.d-amp.org/include.php?path=fo...entries=15
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#14
hallo alfsch,

danke für die Links, werd sie mir mal durchlesen Smile

 
#15
Hallo liebe Forengemeinde,

habe mal eine einfache Schaltung simuliert, das Einschalten passt soweit, aber mich macht die Überhöhung der Gate-Source-Spannung sowie der negative Drain-Strom stutzig?

Woher kommt dieses Verhalten? Eventuell durch anfänglich aufgeladene Kapazitäten (CDS)? Liegts am Mosfet Modell? Komm leider nicht weiter und bin über eure Mithilfe dankbar!

Bis dann, lg Christian

https://stromrichter.org/d-amp/content/i...041_s2.PNG

https://stromrichter.org/d-amp/content/i...041_s2.PNG
 
#16
vergiss nicht: der treiber jagt erstmal saft ins gate...sonst bräuchtest ja auch keinen, der ein paar A lockermacht
dieser strom-impuls vor/bei schalten des mosfet siehste dann logischerweise auch
Wink
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#17
Verglichen mit dem, was das scope an dieser Stelle üblicherweise zeigt, sehen die simulierten gate-signale aus wie gemalt. Der kleine Überschwinger ist wahrscheinlich auf "gate-charge-injection" zurückzuführen, d.h. auf der Schaltflanke der drain-spannung wird über Cdg Ladung in das gate gepumpt.
...mit der Lizenz zum Löten!
 
#18
danke für eure kommentare!